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Bundesverfassungsgericht verhandelte Grundsteuer

Zur mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.01.2018 berichtet der Schleswig-Holsteinischer Gemeindetag (SHGT) als Interessenvertreter der Gemeinden und Ämter in Schleswig-Holstein mit Mitteilung vom 19.01.2018 wie folgt: 

„Möglicherweise wird das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in diesem Frühjahr die der Grundbesteuerung zu Grunde liegende Immobilienbewertung für verfassungswidrig erklären. Bund und Länder müssen unverzüglich eine Grundsteuerreform gesetzlich regeln und umsetzen. Den Gemeinden drohen ansonsten rund 14 Milliarden Euro Grundsteuereinnahmen jährlich wegzufallen, was verheerende Folgen für die kommunale Selbstverwaltung hätte und nicht zu verkraften wäre.Umso unverständlicher ist, dass Bund und Länder in einem Zeitraum von mehreren Jahrzehnten keine Grundsteuerreform umgesetzt haben. Die Kommunalen Spitzendverbände mahnen seit vielen Jahren die Grundsteuerreform an, um die Grundbesteuerung auf eine gerechte, nachvollziehbare, umsetzbare und rechtssichere Grundlage zu stellen.

Dennoch erfolgte die letzte Hauptfeststellung als Grundlage der Bewertungen 1964 in Westdeutschland, 1935 in Ostdeutschland. Nicht zuletzt dies wurde sehr kritisch am 16. Januar 2018 vor dem BVerfG bei der mündlichen Verhandlung zu Verfassungsbeschwerden und Richtervorlagen zu Fragen des Bewertungsrechts und der Grundbesteuerung thematisiert; verzerrte Bewertungen könnten als Verletzung des Art. 3 GG mit dem Verbot der Ungleichbehandlung gesehen werden.

Das BVerfG wird seine Entscheidung zu diesen Verfahren wahrscheinlich im Frühjahr 2018 verkünden. Man muss damit rechnen, dass das BVerfG die Verfassungswidrigkeit des Bewertungsrechts und damit der darauf basierenden Grundbesteuerung feststellen wird. Wahrscheinlich wird das Gericht die Grundbesteuerung nicht sofort für nichtig erklären mit der Folge, dass diese auszusetzen wäre. Es deutet sich vielmehr an, dass das BVerfG für den Fall der Feststellung der Verfassungswidrigkeit einen Übergangszeitraum der Fortgeltung des bisherigen Bewertungsrechts aussprechen wird. Sowohl für die Schaffung einer neuen gesetzlichen Grundlage für das Bewertungsrecht, als auch für die administrative Durchführung einer neuen Haupt-feststellung/Grundstücksbewertung und die darauf gestützte neue Grundbesteuerung insgesamt.

Vor dem BVerfG wurde intensiv die Frage diskutiert, wie viel Zeit die Durchführung einer neuen Hauptfeststellung brauchen werde. Genannt wurden in diesem Zusammenhang unterschiedliche notwendige Zeiträume, zwischen sechs, bis hin zu mindestens zehn Jahren. Die Anmerkungen des BVerfG zur Frage eines denkbaren Übergangszeitraums der Fortgeltung verfassungswidrigen Bewertungsrechts gingen dahin, dass dieser nur als Übergang zu Schaffung verfassungsmäßiger Verhältnisse denkbar sei und bislang ein Zeitrahmen von zehn Jahren nie ausgesprochen wurde. Daher wird sehr bedeutsam sein, ob und welchen Übergangszeitraum das BVerfG gewähren wird, evtl. aufgeteilt für den Zeitrahmen einer gesetzlichen Neuregelung über die Grundsteuer einerseits und der administrativen Einführung und Umsetzung andererseits.

Bund und Ländern muss allerdings klar sein, dass diese Fragen seit Jahren und Jahrzehnten zur Klärung anstehen. Ihr Versäumnis darf sich nicht zum Dilemma für die Kommunalfinanzen auswachsen. Es wird eine erhebliche Herausforderung werden, die rund 36 Millionen Grundstücke in Deutschland neu zu bewerten. Dies ist mit dem vorhandenen Personalbestand in den staatlichen Finanzverwaltungen kaum zu bewältigen. Umso mehr gilt, dass es keinen Zeitverzug bei der Grundsteuerreform mehr geben darf!“

 Frank Hase, Foto Fotolia.com (Lizenzrechte beim Amt Berkenthin)

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